Vor der Hacke ist es duster!

Haushaltsrede von Die Linke Erkrath zum Haushalt 2024/2025

Herr Bürgermeister, werte Ratskolleginnen und Kollegen, liebe Verwaltungsmitarbeiterinnen und -mitarbeiter, liebe Gäste dieser heutigen Haushalts-Ratssitzung,

Vor der Hacke ist es duster! Der Bergmannsspruch sagt eines: Erst wenn die Spitzhacke den Stollen freilegt, weiß man, wie es im Untergrund wirklich aussieht. Nicht viel anders geht es uns, wenn wir auf den vorliegenden Haushaltsplanentwurf schauen.

Ich möchte im Namen der Fraktion DIE LINKE unsere grundsätzliche Einstellung zum Haushaltsplanentwurf 2024/2025 der Stadt Erkrath erläutern. Unsere Haltung beruht auf einer gründlichen Analyse des vorgelegten Plans und spiegelt unser Engagement für soziale Gerechtigkeit, nachhaltige Stadtentwicklung und Demokratie wider.

Strukturelle Unterfinanzierung der Kommunen

Zunächst möchte ich betonen, dass wir die Herausforderungen, denen sich die Stadt Erkrath gegenübersieht, anerkennen. Wir respektieren die Kämmerei dafür, aller Widrigkeiten zum Trotz, einen genehmigungsfähigen Haushalt vorzulegen – soweit sie das bei dem Durcheinander der Schwarz-grünen Landesregierung überhaupt konnte.

Die Rahmenbedingungen sind wirklich schauerlich: Seit Jahren ist Erkrath – wie auch alle anderen Kommunen – strukturell unterfinanziert. Bund und Land weisen uns als Kommune Aufgaben zu, die wir gesetzlich zu erfüllen haben. Sie geben uns aber nicht ausreichend Mittel, um dies auch zu leisten.

Die Konsequenz: Mangelverwaltung.

Der Rahmen kommunaler Haushaltspolitik stimmt nicht

Wie schon zu den letzten Haushalten fordern wir von Bund und Land eine grundlegende Reform der Kommunalfinanzen.

Wir sind nicht allein mit solchen Forderungen. Ein Beispiel ist der Deutsche Städtebund: „Die Kommunalfinanzen rutschen in eine dauerhafte Schieflage. Kurzlebige Hilfsprogramme lösen nicht das strukturelle Problem des Defizits. Wir brauchen einen größeren Anteil an den Gemeinschaftssteuern.“

Die Kommunen brauchen für die Erfüllung ihrer Aufgaben mehr Geld.

Für uns als Linke hieße das:

  1. Die Einhaltung des Konnexitätsprinzips (wer bestellt bezahlt auch)
  2. Die Wiedereinführung einer verfassungskonformen Vermögenssteuer
  3. Die überfällige Schließung von Steuerschlupflöchern für die großen, internationalen Konzerne
  4. Die Reform der Gewerbesteuer hin zu einer Gemeindewirtschaftssteuer
  5. Die Erhöhung des kommunalen Einnahmeanteils am Gesamtsteueraufkommen.

Diese Änderungen würden nur wenige Leistungsfähige in Erkrath betreffen, aber viele Millionen in die Stadtkasse spülen. Wir könnten z.B. die schon im letzten Jahr beschlossenen Erhöhung der Grundsteuer zurücknehmen, die über die Nebenkosten auch die Ärmsten in der Stadt belasten.

Investitionsstau

Positiv bewerten wir, dass das Problem Investitionsstau angegangen wird. Leider passiert das mit falschen Prioritäten. Wenn für einige, wenige Leuchtturmprojekte wie einen Gymnasiumneubau, das vorhandene Geld ausgegeben wird, bleibt für viele andere notwendigen Projekte nichts mehr übrig. Grundschulen, Kindergärten, Spielplätze, Radwege, Grünpflege und vieles mehr bleiben Stiefkinder. Selbst überfällige Straßensanierungen bleiben auf der Strecke oder werden „nach hinten“ geschoben.

Mitarbeiter der Verwaltung

Wir sehen eine unzureichend mit Personal ausgestattete Verwaltung, die an der Grenze ihrer Leistungsfähigkeit arbeitet. Unsere Mitarbeiter sind unser wichtigstes Kapital und die Gesichter der Stadt in so vielen Bereichen.

Im vorliegenden Haushaltsplanentwurf sind leider keine Maßnahmen vorgesehen, die angespannte Personalsituation z.B. durch fantasievolle weiche Faktoren nachhaltig zu entschärfen.

Sozialverbände und Vereine

Als Kommune delegieren wir kommunale Aufgaben an die Sozialverbände: Vom Kindergarten bis zu Begegnungsstätten. Wir machen das nicht, weil wir denken, „die können das besser“. Wir machen das, weil wir damit Kosten aus unserem Haushalt verbannen können.

Oder die vielen Vereine: Ohne das überwiegend ehrenamtliche Engagement Vieler sähe es in Erkrath so düster aus wie im Stollen des Bergmannes.

Diese Organisationen übernehmen kommunale Aufgaben. Ohne ihr Engagement wären unsere Stadtfinanzen noch tiefer im Minus.

Diese Initiativen und die vielen Menschen, die sie tragen, sind die eigentlichen Lebensretter unseres Haushaltes. Es erschreckt, wenn sie dann in der Beratung als „freiwillige Leistungen“ auf dem Prüfstand stehen.

Lassen Sie uns heute einmal Danke an diese Haushaltsretter sagen.

Passt dieser Haushalt zu unserer Stadt?

Bei Beratungen wird immer gefragt, ob der Haushalt genehmigungsfähig sei. Die Genehmigungsfähigkeit ist für Linke nicht das wichtigste Kriterium an den Haushalt.

Unser Kriterium: Bildet der Haushalt die notwenigen Lösungen für eine soziale, klimafreundliche und demokratische Kommune ab?

Ein Haushalt für eine soziale Stadt?

Sind die sozialen Belange unserer Nachbarschaften ausreichend berücksichtigt? Wir denken: Nein! Wo liegen die großen sozialen Probleme?

  • Die explodierenden Miet- und Mietnebenkosten, die Menschen in die Verzweiflung treiben. Uns fehlt der Einstieg in eine Kommunale Wohnungsgesellschaft.
  • Die Stadtwerke, die unsere Haushalte mit Strom, Wasser und in weiten Teilen auch Fernwärme versorgen, werden durch unseren Haushalt zur Gewinnerzielung für die Stadt und nicht für Entlastung für die Kunden verpflichtet. Gleiches gilt für den Abwasserbetrieb.
  • Oder Kinderbetreuung: Erkrath ist von einer – im Übrigen gesetzlich verpflichtenden – Abdeckung mit OGS Plätzen weit entfernt.
  • Notwendige Mittel für die Vereine und Initiativen im Sport- und Kulturbereich fehlen. EinBeispiel: Personalkostenzuschuss für das Begegnungszentrum.
  • Barrierefreiheit in Erkrath? Fehlanzeige, es gibt keine erkennbare Strategie zur Barrierefreiheit im öffentlichen Raum.
  • Und natürlich fehlen uns seit Jahrzehnten Gedanken und damit auch Finanzmittel zu einer Erkrather Gesamtschule als sinnvolle Alternative für unsere Kinder, die jetzt wohl wegen der Haushaltssituation auf den Sankt Nimmerleinstag verschoben wird.

Ein Haushalt für den Klimaschutz?

Klimaschutz und Klimaanpassung sind große Themen in den Beschlüssen des Rates. Neben den positiven Ergebnissen, die wir sehen, kommt es gerade im Detail zu vielen falschen Schwerpunktlegungen.

Da wird mögliche Nachhaltigkeit zu Gunsten von Kostenfragen aufgegeben. Beispielweise Rigolen und Regenwassernutzung im Campus Sandheide oder das Dach mit Photovoltaik über dem Fahrradparkplatz am gleichen Ort, um Baukosten zu reduzieren.

Richtig wild wird es bei den rund 5 Millionen Euro, um die Neanderhöhe zu erschließen. In der Hoffnung auf vielleicht mal 500.000 Euro Gewerbesteuer wird echter Größenwahn produziert. Unabhängig von Befürwortung oder Ablehnung der Neanderhöhe als Gewerbegebiet glaubt wohl kaum jemand ernsthaft, dass diese „Aufwertung“ sich jemals rechnet. Für den Natur- und Umweltschutz ist die ganze Maßnahme sowieso grauenvoll.

Ein Haushalt für die Demokratie?

Reden wir heute auch über Demokratie: aktive Bürgerbeteiligung ist das Lebenselixier einer zukunftsorientierten Kommune. Wo stehen wir da in unserer Stadt? Vor fast 3 Jahren haben wir einen breiten Diskurs über zeitgemäße Formen einer solchen Beteiligung geführt. Und heute?

Statt der erprobten, umfassenden und europaweit vielfach genutzten Beteiligungsplattform CONSUL soll eine minimalistische, sich auf baurechtliche Beteiligungen beschränkende Software genutzt werden, die in ein paar Jahren evaluiert werden soll. Das ist eine vergebene Chance.

Vor ein paar Tagen haben wir gegen Rechtsextremisten und aufkeimenden Faschismus demonstriert. Wenn uns aufschreckt, dass rechtsextremes Gedankengut und Parteien wachsen, dann müssen wir uns darüber Gedanken machen, was wir als Kommune tun müssen, um diesen Menschenfängern den Boden unter den Füssen zu entziehen. Was machen wir, um Menschen

  • die von Existenz- und Abstiegsängsten getrieben werden
  • die ihr Vertrauen in die Parteien – und noch schlimmer – in die Demokratie verloren haben
  • denen die Vision für eine bessere Stadt / ein besseres Land / eine bessere Zukunft abhandengekommen ist
  • die sich nicht gehört fühlen

zurückzugewinnen? Ist das nicht auch unsere Aufgabe? Wie kommen wir vom Reden zum Handeln?

Ja, auch diese Fragen müssen unseren Haushalt berühren!

Ich fasse zusammen

Wir sind der festen Überzeugung, dass der vorliegende Entwurf nicht den Grundsätzen für eine soziale, demokratische und ökologische Stadtentwicklung folgt und der Aufgabenstellung zur Erfüllung der Grundbedürfnisse unser Stadtgesellschaft nicht entspricht. Er ist düster, wie der Schacht der Kumpel vor der Hacke.

Wir lehnen diesen Haushaltsplan für Erkrath deshalb ab.

An alle Sparfüchse dieser Stadt möchten wir noch ein Wort von Mark Twain richten: „Von jetzt an werde ich nur so viel ausgeben, wie ich einnehme – und wenn ich mir Geld dafür borgen muss.“

Für eine soziale, ökologische und demokratische Stadt mit Herz, Mut und Ideal!(Idealen)

Glück auf!